Das Beste und Dümmste zugleich: Mein Schüleraustausch in Frankreich
Artikel - Das Beste und Dümmste zugleich: Mein Schüleraustausch in Frankreich
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Ein Gedanke, den ich hier öfters hatte, war: "Das war das Beste und Dümmste, was ich je gemacht habe."
In neun Tagen ist mein Aufenthalt vorbei, und ich kann es immer noch nicht glauben. Ich habe so viel erlebt, wertvolle Erfahrungen gesammelt (schlechte und gute), eine fremde Kultur kennengelernt, Bekanntschaften gemacht, das Leben und die Welt aus einem anderen Blickwinkel gesehen, definitiv eine persönliche Entwicklung durchgemacht und zu guter Letzt, eine zweite Familie bekommen.
Wenn ich also sage, es wäre das Dümmste gewesen, dann spreche ich nicht über die schlechten Dinge, die ich durch den Austausch erfahren habe. Damit ich meine genau das Gegenteil - den Alltag, den ich hier hatte, die Freundschaften und die Familie, die ich zurücklasse, das Leben als Gesamtes, von dem ich mich trennen muss.
Dass der Austausch aber so gut werden würde, war nicht immer klar. Schon als ich Ende Sommer in dem Haus ankam, das mein Zuhause für die nächsten Monate sein sollte, fühlte ich mich nicht wohl. In den nächsten Wochen versuchte ich mich einzugewöhnen, doch schlussendlich hat es doch nicht funktioniert. Ich fühlte mich in der Familie unerwünscht, und nach ungefähr zwei Monaten war klar, dass ich die Gastfamilie wechseln würde. Zum Glück hatte ich eine gute Freundin in meiner Klasse, die angeboten hat, mich aufzunehmen. In dieser Familie fühlte ich mich von Anfang an willkommen, und sie behandelten mich wie eine dritte Tochter (ich hatte zwei Gastschwestern, eine in meinem Alter und eine drei Jahre jünger als ich).
In der Schule habe ich mich von Anfang an gut eingelebt. Ein Vorurteil gegen die Franzosen ist, sie seien arrogant, weshalb ich ein etwas abweisendes Verhalten befürchtet habe, doch zu meinem Erstaunen erwartete mich genau das Gegenteil. Die Leute waren alle sehr offen und interessiert. Aber trotzdem war es am Anfang sehr schwer, an Konversationen teilzunehmen, ohne, dass mir alles langsam und in "Frenglisch" erklärt werden musste.
Die Schule ist dort sehr anders aufgebaut, was ich extrem spannend fand, da ich somit einen Vergleich zu unserem schweizerischen Schulsystem habe. Besonders spannend fand ich die "Spezialitäten", drei Fächer, die man wählen kann und je vier Stunden pro Woche hat. Ich habe Englisch Literatur, Kunstgeschichte und Politikwissenschaften gewählt, von denen ich vor allem bei den letzten beiden viel gelernt habe, was ich in der Schweiz nie angeschaut hätte. Ich kam aber auch auf die Welt während meines Austauschs, besonders als ich mit den politischen Ansichten konfrontiert wurde, die viele Leute in meinem Umfeld hatten. Durch den Austausch entkam ich der "Stadtbubble" und meinem städtisch, links geprägten Umfeld und erlebte, dass es durchaus auch Mehrheiten gibt, die rechts eingestellt sind. Auch meine Gastfamilie war sehr rechts, was gelegentlich zu etwas schwierigen Situationen führte, aber wir respektierten uns immer gegenseitig. Diesen Kontrast zwischen Stadt und Land zu sehen und zu erleben, hat mich auf jeden Fall offener gegenüber anderen Meinungen und Einstellungen gemacht.
Auch die Kultur unterscheidet sich sehr von unserer eigenen. Essen zum Beispiel ist eine grosse und wichtige Angelegenheit. Jeden Mittag und Abend gibt es Vorspeise, Hauptspeise, Käse und Dessert. Verhungert bin ich also nicht.
Die dominierende Sportart in der Region, wo ich war, war Rugby. Ein Sport, bei dem (aus meiner Sicht) ausgewachsene, stämmige Männer (Frauenrugby wurde nicht ausgestrahlt) um einen ovalen Ball kämpfen. Für mich verkörperte Rugby und alles drum herum immer die Mentalität der Region, in der ich war: grob, direkt, aber ehrlich.
Abschliessend darf ich sagen, dass es eine sehr bereichernde Erfahrung war, und wenn ich könnte, würde ich alles noch einmal machen.